Hallo zusammen,

heute schaute ich wiedermal im Botanischen Garten von Lyon vorbei und habe viele Fotos gemacht!
Im Jahr 2011 wurde im BG Lyon von der Französischen Palmengesellschaft (Fous de Palmiers) die Pflanzung verschiedener Palmenarten initiiert. Es wurden grössere Exemplare von Brahea armata, Butia eriospatha, B. odorata, Chamaedorea radicalis, Chamaerops humilis var. humilis, C. h. v. cerifera, C. h. v. vulcano, Jubaea chilensis, Nannorrhops ritichiana, Phoenix canariensis, Phoenix dactylifera, Rhapidophyllum hystrix, Sabal minor, Sabal palmetto, Trithrinax campestris, Trachycarpus fortunei und T. wagnerianus sowie diverse Yuccas gepflanzt. Zuvor gediehen im Park bereits staatliche Exemplare von T. fortunei und T. wagnerianus sowie ein kleines Exemplare von Chamaerops humilis var. humilis und verschiedenste Yuccas und Agaven.
Der erste Winter 11/12 kam mit Macht. Es wurden -12.5 °C in Lyon gemessen und eine Dauerfrostperiode von 11 Tagen registriert. Vor allem letzteres ist für Lyon schon extrem. Geschützt wurde passiv mit Regenschutz. Bei Butia und Phoenix wurden die Fiedern zusammengebunden.
Totalausfall oder schwerst geschädigt und wieder ausgegraben wurden: Chamaedorea radicalis, Nannorrhops ritichiana, Phoenix canariensis, Phoenix dactylifera.
Schwere Schäden bis mittelschwere Schäden trugen davon: Brahea armata, Butias, Sabal palmetto, Jubaea chilensis, Trithrinax campestris.
Geringe bis keine Schäden: Rhapidophyllum hystrix, Sabal minor (ein Exemplar wurde stark geschädigt), Trachycarpus fortunei und T. wagnerianus
Bei Chamaerops fiel die Schädigung sehr unterschiedlich aus.

Im Frühjahr 2013 wurden vom BG noch die Beete, welche den Hauptweg vom Eingang in den BG säumen, mit Palmen, Yuccas und Exoten bepflanzt. Es kamen dazu: 2x Brahea armata, 2x Butia odorata, 2x Jubaea chilensis, 3x Rhapidophyllum hystrix, 2x Sabal minor, 2x Sabal palmetto, über 10 mehrere Meter hohe T. fortunei, und 2x T. wagnerianus. Die Winter 13/14 und 14/15 waren ausgesprochene Mildwinter (kaum Eistage, Tmin ca. -7 bzw. - 5 °C wenn ich mich recht erinnere), folgend konnten sich die frisch gepflanzten Palmen bis heute bestens etablieren.

Während sich die schwer bis mittelschwer geschädigten Butias und die Brahea armata bis heute wieder bestens regeneriert haben, geben Jubaea chilensis, Sabal palmetto und T. campestris immer noch ein eher trauriges Bild ab. Umso erstaunter bin ich, dass im Jahr 2013 trotzdem neue Jubaeas und S. palmettos gepflanzt wurden. Möglicherweise hätten diese beiden Arten den harten Winter 2011/12 auch besser überstanden, wenn die Exemplare schön länger am Standort etabliert gewesen wären.

Obige Zusammenfassung beruht einerseits auf eigenen Beobachtungen (Seit 10 Jahre besuche ich den BG Lyon regelmässig) aber auch auf den Recherchen in den Forumsbeiträgen von Fous de Palmiers. Folgend kann die ganze Entwicklung noch auf Französisch zurückverfolgt werden.
http://fousdepalmiers.fr/html/forum/view...yon+tete+d%27or
http://fousdepalmiers.fr/html/forum/view...ete+d%27or+lyon

Folgend noch ein klimatischer Überblick für Lyon (Durchschnittswerte 1981 - 2010):
Tmin im Durchschnitt: -9.3 °C (USDA 8b)
Jährliches Temperaturmittel: 12.5 °C
Januarmittel: 3.1 °C
Julimittel: 21.6 °C
Anzahl Eistage: 9.5 (Oft Hochnebel im Winter, daher schlechte Tageserwärmung)
Anzahl Frosttage: 52
Anzahl Hitzetage: 22
Anzahl Sommertage: 70

So, nun zu den Fotos. Zuerst die seit 2011 ausgepflanzten, welche den harten Winter 11/12 überstehen mussten:

Brahea armata


Butia eriospatha


Butia odorata doppelstämmig (leider etwas zugewachsen)


Butia odorata mit Fruchtstand (2014 konnten eine Menge reifer Früchte geerntet werden, Info v. Fous de Palmiers)


Chamaerops humilis var. cerifera


Tritrhinax campestris


Trithiranx campestris Seitentrieb


T. fortunei, T. wagnerianus, Yucca rostrata und B. odorata


Yucca rostrata

Und die 2013 angelegten Beete:








Brahea armata


Butia odorata


Jubaea chilensis


Rhapidophyllum hystrix


Sabal palmetto 1.


Sabal palmetto 2.


Sabal minor (Sah schon bei der Pflanzung so mitgenommen aus)


Yucca aloifolia

Desweiteren gedeihen im BG Lyon noch viele weitere interessante Exoten wie Ananasguaven, Granatäpfel, Magnolien, verschiedene immergrüne Eichen, japanische Wollmispeln, Lorbeer, Arbutus-Arten, seltene asiatische Viburnum-Arten, Lagerstroemia in diversen Sorten, 3m hohe Oleander, verschiedenste mediterrane immergrüne Gehölze, frostverträgliche Opuntien etc. Werde in den nächsten Wochen wenn es die Zeit erlaubt noch weitere Fotos des BG Lyons hochladen.

Ananasguave


Granatapfel


Allee aus Magnolia grandiflora


Die Tropenhäuser, man beachte die grossen T. fortunei davor


Viele Grüsse,
Vincent

Hallo Vincent,

danke für den interessanten Beitrag mit den vielen Bildern.
Schon erstaunlich, dass selbst dort die Temperaturen so weit runterrasseln können.
Und beweisst leider, dass wenn die Jub sich selbst dort so schwer tut, dass sie doch nicht so hart ist wie von vielen angenommen wird.

Habe übrigens auf deiner Homepage die Pflanzungen im Burgund verfolgt.
Schon toll was da so alles gedeiht.Und ein Wunder dass die Trachys dort unter der Trockenheit nicht gelitten haben.

Grüße
René

Hallo Vincent,

danke für die Vorstellung des BG in Lyon.
Phoenix wird unter diesen Bedingungen nicht funktionieren, aber mit Jub hätte ich wohl auch noch einmal einen Versuch gestartet. Wenn sie gut etabliert ist sollte sie auch in einem Ausnahmewinter nicht chancenlos sein. Wann der kommt und ob er wieder so hart (oder härter) ausfällt wie 2011/12 bleibt abzuwarten. Jedenfalls kein aussichtsloser Versuch.
Insgesamt sehr spannend zu sehen, was entlang der "Route de soleil" möglich ist. Da sollte man mal alle 50 km ein paar dieser Exoten pflanzen und sehen, ab welchem Kilometer die einzelnen Arten über "längere Zeit" bestehen ;-)

Grüße.

Olli

Hallo René, Hallo Olli,

die Temperaturen sanken in Lyon in der Vergangenheit noch viel tiefer. Absoluter Tiefstwert seit Messbeginn war -24.6 °C am 22. Dezember 1938. Da müsste man dann auch mit Totalausfällen bei den Trachys rechnen. 1985 wurden -20 °C registriert. Ich denke auch, dass eine Jubaea mehrere Jahrzehnte überleben kann in Lyon, bis halt dann der Jahrhundertwinter kommt. Sehr erstaunt bin ich über das gute Regenerationsvermögen der Butias und der Brahea armata. Hätte ich nicht erwartet und eher auf die Jubaea gesetzt.
Dass es mit Phoenix nicht länger als für ein paar Jahre klappt, hätte man sich eigentlich denken können. Vor ca. 8 Jahren wurde im französsischen Forum von den möglicherweise nördlichsten zwei P. canariensis im Rhonetal berichtet, welche dicht an einer Hausmauer ca. 20 km nördlich von Montélimar wuchsen. Schutz wurde anscheinend nie angebracht und die Stammmhöhe betrug 2 m +. Leider habe ich keine Ahnung, ob die noch am Leben sind. Die Idee der Pflanzung von verschiedesten Palmen entlang eines Transekts im Rhonetal von Nord nach Süd kam mir auch schon. Die Ergebnisse wären bestimmt sehr interessant!

Die Trachys bei mir im Garten im Burgund stehen sehr günstig neben einem alten undichten Teich/Reservoir (Pegel sank diesen Sommer um einen Meter). So ist der Boden in unmittelbarer Nähe auch während Trockenperioden immer leicht feucht, was den Trachys offensichtlich zu gefallen scheint. Aber auch die Trachys an trockeneren Stellen in sandigen Böden wachsen mittlerweile befriedigend während trockenen Sommern, da viele davon als Sämlinge gepflanzt wurden und ein weitreichendes Wurzelwerk gebildet haben. Zudem ist immer mal wieder jemand im Ferienhaus und kann dann notfalls wässern.
Drei dieses Frühjahr frisch gepflanzte Quercus virginiana, 3 verschiedenen Eucalyptus-Arten und ein Mammutbaum sind mir diesen Sommer aber leider doch vertrocknet. Mittlerweile hat sich die Situation etwas entspannt, aber die Schäden in den Wäldern sind unübersehbar. Vor allem Birken und Fichten und an flachgründigen Südhängen auch Linden, Stieleichen und Ahorne haben sehr gelitten und sind komplett braun.

Grüsse, Vincent

Hallo Vincent,

das beweisst eindrucksvoll wie entscheidend der Schutz der Alpen für das Gedeihen von so vielen Palmenarten an den norditalienischen Seen ist.
Auch wenn es lange her ist, ist es dennoch beeindruckend das um Lyon überhaupst solch tiefe Temperaturen auftreten können.

Sind den in der Gegend, in und um Burgund eigentlich Olivenbäume häufig zu sehen?
Bin immer wieder interessiert wenn neue Fotos von deinem Garten in Burgund auf deiner Homepage erscheinen.
Friert den die Melonenfeige (Panachee) auch nie zurück?
Soll doch eine der frostempfindlichsten Sorten sein.

Grüße
René

Hallo Vincent,

die Bilder von deinem Grundstück gefallen mir gut. - Du scheinst ja reichlich Platz zu haben und das Ganze hat schon den natürlich-lässigen Charme des Südens, der in einer eng bebauten Siedlung kaum hinzubekommen ist.
Vor den naturfarbenen Steinmauern haben viele Exoten zudem die bestmöglichen Bedingungen.

Viel Erfolg weiterhin.

Hallo René, das sehe ich auch so und ich denke zum Schutz der Alpen vor nördlichen und östlichen Wetterlagen kommt zusätzlich der "Hangeffekt", der die Sonne (und die milde Luft aus dem Süden) noch einmal ganz anders einfängt. Das sieht man z.B. auch an der Cote de Azur und in Ligurien, wo die Seealpen ins Meer "stürzen". Wenn die Sonne dagegen scheint sind es sofort 10°C mehr als ein paar km weiter im Innland.
Das sind schon priveligierte Lagen, auf die man zumindest in manchem Winterhalbjahr neidisch sein kann.
Im Vergleich dazu hat man in der französichen Mittelgebirgslandschaft schon ein sehr raues Klima. Wobei Lyon von der Rhone profitieren sollte.

Olli

Hallo Réne, Hallo Olli,

Es freut mich, dass Ihr die Entwicklung der Pflanzungen im Burgund mit Interesse verfolgt.
Olivenbäume sind im Südburgund ungefähr so häufig anzutreffen wie Trachys in den wintermilden Gebieten in Deutschland. Mein Olivenbäumchen, ausgepflanzt 2008, hat sich mittlerweile zu einem ansehlichen Bäumchen entwickelt. Die Winterschäden beschränkten sich jeweils auf die Blätter und die jungen Zweige. Im Frühjahr 2014 habe ich einen kleinen Olivenhain aus 12 kleinen Bäumchen angelegt. Mal sehen ob sich die auch so gut entwickeln werden. Werde davon in nächster Zeit mal Fotos posten.

Was hier in der Umgebung auffällig häufig kultiviert wird ist Laurus nobilis. In ziemlich jedem Dörfchen hier in der Umgebung hat es welche. Viele davon haben bereits Höhen von über 5 m erreicht. Der Echte Lorbeer reagiert relativ empfindlich auf Fröste unter - 10 °C. Da die Lorbeerbüsche hier aber sehr dicht wachsen, bieten die äussersten Blätter während kalten Winternächten dem Holz einen gewissen Schutz. Meist sind dann nur die äussersten Blätter braun und ab Mai ist schon nichts mehr von den Frostschäden zu sehen.
In Mâcon und Lyon sind auch immer wieder ausgepflanzte Oleander in den Gärten anzutreffen. Alle paar Jahre frieren diese bis auf den Boden zurück, treiben aber zuverlässig wieder aus und kommen noch in der selben Saison zur Blüte (den warmen Sommern sei Dank). Funktioniert bei mir mit Nerium oleander 'Italia' auch bestens.

Die Feigensorte 'Panachée' ist seit 2011 ausgepflanzt und hat die -14 °C und 11 Tage Dauerfrost im Winter 11/12 ohne jegliche Schäden überstanden. Mehr würde ich der aber auch nicht zutrauen.

Grüsse,
Vincent

Folgend noch drei aktuelle Fotos meiner Olivenbäume im Burgund:

Ausgepflanzt seit 2008:


2014 angelegter Olivenhain, leider etwas unter der Trockenheit gelitten diesen Sommer:


Erste Früchte sind auch schon am Reifen an den 2014 gepflanzten Bäumen:


Viele Grüsse,
Vincent

Hallo Vincent,

sehr cool ein eigener Olivenhain, von dem träume ich auch immer.
Wird aber wohl ein Traum bleiben.
So Klein werden die Neupflanzungen am Gardasee auch gepflanzt.Ist es denn eine spezielle Sorte?

Grüße
René

Hallo Vincent,

danke für den klasse Bericht ,wir verbringen auf Reisen in den Süden Frankreichs immer gerne ein Wochenende in Lyon, da werden wir jetzt im Herbst ganz sicher auch mal BG besuchen.
Wenn man die D86 von Valence Richtung Ardèche fährt steht in einem von 3 Seiten geschlossenem Hof eine Phoenix canariensis mit ca 4/5 Meter Stamm, ansonsten sind mir auf beiden Seiten der Rhone
erst ab Ardèche größere Phönix aufgefallen .Werde im Herbst nochmal darauf achten und Fotos machen.

Liebe Grüsse

Heidi

Réne, bei den Olivenbäumen handelt es sich um 4 verschiedene Sorten:

Arbequina
Hojiblanca (soll besonders frostverträglich sein)
Manzanilla
Piqual

Ich bin gespannt, ob Unterschiede bzgl. der Frosthärte feststellen kann.

Heidi, freut mich, dass dir der Bericht gefällt. Den Botanische Garten von Lyon (im Parc de la Tête d'Or) musst du unbedingt besuchen wenn du in Lyon bist. Aber plane genug Zeit ein: Um alles zu sehen inklusive der Gewächshäuser braucht man mindestens einen halben Tag.

Auf deine Fotos der Phoenix bei Valence bin ich schon sehr gespannt!

Viele Grüsse,
Vincent

Lustig, dass es eine Olivensorte gibt, die Kamille heisst (manzanilla). Ob das einen Grund hat? Sorry, ein bisschen am Thema vorbei:-).
LG Flo

Hi,

bin auch sehr gespannt, wie unterschiedlich sich die Olivensorten in einem härteren Winter schlagen. Berichte dann unbedingt mal. - Wobei ich natürlich hoffe, dass die nächsten Winter keine Herausforderung darstellen.

Grüße.

Olli

Flo, da wär ich nicht drauf gekommen, da hab ich wiedermal was gelernt :)

Olli, ich bin auch gespannt, ob die Oliven in kühleren Sommern ausreifen werden. Dieses Jahr wird das wohl der Fall sein :) Ich werde auf jeden Fall wieder berichten!

Viele Grüsse,
Vincent