CW>Wie kommst du auf die Hybridisierungstheorie? Die Unterschiede in der Entwicklung lassen sich auch durch phänotypische Plastizität erklären, wie z.B. auch das obige Beispiel zeigt. Was soll sich denn deiner Ansicht nach womit hybridisiert haben?

Hallo Claus,

ich meinte damit nicht die klassische Hybridisierung zwischen zwei Arten, aber innerhalb von T. Fortunei existieren zahlreiche Unterarten aus verschiedenen Gegenden, die sich mit der Zeit durch Kultivierung vermischt haben, da sie nicht mehr isoliert vorkommen sondern in Gärten, Pflanzencentern etc. zusammen stehen. Dadurch entstehen mit der Zeit Mischformen, man kann den Ursprung der erworbenen Pflanze praktisch nicht mehr erkennen. Licht, Wasserversorgung etc. spielen ja auch eine Rolle, das macht eine Zuordung nicht unbedingt leichter.

Als (prominentes) Beispiel möchte ich mal Beccari T. Takil aufführen, von der ja eine (weibl.) Pflanze im BG in Rom stehen soll. Ich war noch nicht vor Ort, es wird immer nur von einer Pflanze berichtet. Wenn diese Samen ausbildet, handelt es sich bei denen bestimmt um eine Mischform mit anderen trachycarpi, die in der Nähe stehen.

Gruss Stephan

HAllo Stephan,

ich glaube du schmeißt Begriffe wie Gattung, Art und Variation durcheinander.
T. fortunei und T. takil z.B. sind zwei verschiedene Arten (takil / fortunei) der gleichen Gattung (Trachycarpus). Es gibt meines Wisssens nach keinerlei gesicherte Erkenntnisse darüber, dass eine Hybridisierung zwischen diesen Arten überhaupt möglich sind. Die einzige mir bekannte Hybridisierung zwischen Trachycarpusarten ist bisher Jost Wallis zwischen einer T. fortunei (seiner Waggy) und T. nanus gelungen, allerdings auch nur an einem einzigen Exemplar. Ob seine Behandlung in einem Magnetfeld zusätzlich eine Rolle gespielt hat bleibt dabei noch fraglich.
Was die verschiedenen Standortvariationen angeht, so handelt es sich dennoch immer um T. fortunei. Die Unterschiede lassen sich durch phänotypische Plastizität erklären und können sogar oft unter geänderten Standort- und Pflegebedingungen wieder rückgängig machen. Bestimmte Unterschiede wie z.B. graue oder braune Fasern kann man vergleichen mit blonden oder dunkelhaarigen Menschen - es ändert nichts an der Art.

Deine Einstellung zum Standort im Garten kann ich gut nachvollziehen. Ich mache es genauso. T. fortunei muss ja auch nicht unbedingt einen vollsonnigen Platz haben, diese Palme gibt sich auch mit schattigeren Standorten zufrieden. Das ändert aber nichts daran, dass es ihr an einem sonnigen Platz bei reichlich Wasserzufuhr noch besser gefallen würde.

Grüße
Claus

Hallo Stephan,

wenn ich dich richtig verstehe, dann liegt dir mehr an der phänotypischen Ausprägungsform der Palmen, wenn sie mehr schattig gehalten werden.
Nun, das ist Geschmackssache. Ich habe eine Dreiergruppe Trachies, die alle gleich alt sind (16 Jahre). Je nach Beschattung haben sich alle unterschiedlich entwickelt und sind nun unterschiedlich groß. 320 cm Stamm, 245 Stamm und 80 cm Stamm. Jawohl 80 cm! bei der Trachy, die durch beide anderen und durch die Bepflanzung beim Nachbar völlig abgeschattet wird. Diese Palme bildet Wedel aus, die 3 m lang sind und irgendwann schlapp herunter auf dem Boden hängen, versessen ist Palme darauf, ihre Wedel in die Sonne zu bringen.
Bei sonniger Lage bildet die Trachy dann ihren "normalen" Phänotyp heraus und wächst auch am besten. Wem ein etwas dunkleres Grün, überlange Petiolen, kreisrunde Fächer, oftmals hängende Blattsegmente besser gefallen, der pflanzt die Palme halt schattiger aus.

Von Hybridisierung ist mir noch nichts aufgefallen. Natürlich gibt es gelegentlich "Hybriden" zwischen fortunei und wagnerianus, aber damit hat es sich dann schon. Es gab mal die Theorie, dass alle Fortunei hybridisiert seien mit T. takil, was sich aber als reine Phantasie herausgestellt. Es ist sogar höchst fraglich, ob viele Trachycarpusarten überhaupt mit einander hybridisieren.
Es wurde viel versucht, aber Hybriden wurden noch nicht nachgewiesen.
Es soll gelungen sein, Fortunei und Nanus zu hybridisieren, aber auch hier liegen m.e. keine Gentests vor, die dies bestätigen und an den Sämlingen kann man noch nicht erkennen, ob es tatsächlich Hybriden sind.
Was ist eigentlich eine "normale" Fortunei? Häufig wird bei der kleinsten Abweichung von der "Norm" sofort eine Hybride vermutet, oder sobald eine Fortune in der Jugend einen kriechenden Wuchs zeigt, soll es gleich eine Takil-Hybride sein. (wieso eigentlich keine Nanus-Hybride?) Dabei ist der kriechende Wuch ein Merkmal des Genus, nicht einzelner Arten. Ale Trachycarpusarten haben dieses Merkmal, mal stärker mal weniger stark bei den einzelnen Indivdiuen. Arten definieren sich über bestimmte Merkmale, die aber je nach Standort und Ernährung stark modulierbar sind und dann sehr unterschiedlich (oder gar nicht) zur Ausprägung kommen.Und natürlich gibt es dann wie bei allen geschlechtlich vermehrten Lebewesen kleinere Unterschiede im Genotyp jedes Individuums, was aber völlig "normal" ist und jedes dieser Individuen ist und bleibt damit eine "normale" Palme ihrer Art.
Wie stark die phänotypische Plastizität sich auswirkt, habe ich oben schon beschrieben und jeder kann es halt an den Unterschieden zwischen Schatten- und Sonnentrachies selbst erkennen, besonder dann, wenn man ein- und dieselbe Palme vom Schatten in die Sonne bringt und umgekehrt. O. Beccari hatte das bereits 1905 sehr ausführlich beschrieben.

Was die Stammdicken anbetrifft, so wird diese bei Hanfpalmen optisch sehr stark durch die Befaserung beeinflusst. Diese besteht aus den Resten der Blattscheiden, welche sich in Fasern aufgelöst haben, zu denen bei Fortunei dann noch die inFasern aufgelösten Blatthäutchen dazukommen.
Die Blattscheiden umgeben den Stamm wie eine Hülle und je kürzer die Abfolge der Blätter beim Wachstum, um so mehr Blattscheiden liegen übereinander, und um so dicker erscheint der Stamm, ohne dass der "echte" Stamm darunter wirklich dicker ist.


Grüsse,

Arnold

Hallo Stephan,

die T. takil im BG von Rom ist männlich. Aber gelegentlich bildet sie offenbar auch zwittrige Blüten aus und es bilden sich einige Samen. Auch das ist bei Trachycarpus ein häufige Phänomen.

Wenn zwei Arten eines Genus (fortunei und Takil) nebeneinander wachsen und blühen, müssen sie doch nicht zwangsweise hybridisieren. Sie können durchaus inkompatibel sein.
Je nachdem, welches Artenkonzept man favorisiert, gehören untereinander sich reproduzierende Pflanzen immer zu selben Art.
Wir Menscchen waren es doch, die diese Pflanzen einfach zu anderen "Arten" gemacht und anders benannt haben. Das ist eine willkürliche Einteilung aufgrund von (optisch) unterschiedlichen Merkmalen. Wie schon vorher erwähnt, sind diese Merkmale aber sehr stark durch Umwelteinflüsse modulierbar und dies erklärt dann auch, wieso so viele "Arten" doppelt, dreifach , ja dutzendfach beschrieben wurden. Bei einigen Arten kommt dann noch die bereitwillige Hybrisidierung hinzu, die dann ab der F2 Generation kaleidoskopartig viele Varianten entstehen lässt.

Grüsse,

Arnold

CW> ich glaube du schmeißt Begriffe wie Gattung, Art und Variation durcheinander.
T. fortunei und T. takil z.B. sind zwei verschiedene Arten.

Hallo Claus,

sorry, ich hatte mich etwas missverständlich ausgedrückt. Mit der Vermischung innerhalb einer Art meinte ich die vielen verschiedenen Variationen wie z.B. T. Fortunei oder "T.F. Naini Tal", priceps" oder "green priceps","takil" aus diesem oder jenem Tal. Wobei nach meinem Kenntnisstand (als Nicht-Palmen-Experte) heute je nach Art nicht mehr die Herkunft eindeutig festzustellen ist. Ich meine das auch so in dem Buch "Winterharte Palmen" gelesen zu haben.
Natürlich sind auch Phantasienamen durch den Handel entstanden.

Die Takil hatte ich ganz am Schluß erwähnt und dabei nicht bedacht, dass sie ja auch zwittrige Blüten ausbilden kann, zumal ich ja nicht wußte, ob männl. oder weibl. Dass es bisher keine Hybriden zu anderen Trachycarpus gibt, wußte ich bis dato nicht. Es gibt ja auch zur Takil verschiedene Herkunftsbezeichnungen, ob die alle "echt" sind, kann ich nicht beurteilen. Vielen Dank aber für den Hinweis.

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CW> Die einzige mir bekannte Hybridisierung zwischen Trachycarpusarten ist bisher Jost Wallis zwischen einer T. fortunei (seiner Waggy) und T. nanus gelungen, allerdings auch nur an einem einzigen Exemplar.
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du meinste so eine wie diese hier?

die wurde mir kürzlich von meinem holländischen Händler angeboten, es scheint doch schon ein, wenn auch sehr begrenztes Angebot zu geben. Bei der Mutterpflanze handelte es sich in diesem Fall aber um eine T. Nanus.

Gruss, Stephan

AC>wenn ich dich richtig verstehe, dann liegt dir mehr an der phänotypischen Ausprägungsform der Palmen, wenn sie mehr schattig gehalten werden.
AC>Nun, das ist Geschmackssache. Ich habe eine Dreiergruppe Trachies, die alle gleich alt sind (16 Jahre). Je nach Beschattung haben sich alle unterschiedlich entwickelt und sind nun unterschiedlich groß. 320 cm Stamm, 245 Stamm und 80 cm Stamm. Jawohl 80 cm! bei der Trachy, die durch beide anderen und durch die Bepflanzung beim Nachbar völlig abgeschattet wird.

Hallo Arnold,

ganz schattig wäre auch nicht mein favorisierter Standort, etwas Sonne tut schon gut. Außerdem wäre mir ein allzu schnelles Wachstum nicht recht, zumal mir Trachies in mittlerer Höhe, also +/-5m von den Proportionen am besten gefallen. Aber wie gesagt, "Geschmack ist kein Zufall"

Zu Hybriden habe ich Claus bereits geantwortet. Vielleicht noch als Ergänzung, in Victoria/Ca. steht eine "Trachycarpus martianus x fortunei", die bereits durch zwittrige Blüten Samen hervorgebracht hat. Und in einer Studie oder Diplomarbeit hatte ich auch mal etwas von Fortunei x Takil-Hybriden gelesen. Mal sehen, ob ich die wieder auftreibe.

Gruss, Stephan

Hallo Stephan,

Variationen sind Pflanzen, die sich in ihrem Phänotyp leicht vom Holotypen (also quasi dem Prototypen der Art) unterscheiden, wobei die Änderungen auch genotypisch bedingt sein können,also minimale Abweichungen im Genom vorhanden sind. Allerdings sind diese minimalen Abweichungen bei Individuen innerhalb eines Taxon ja normal.

Du erwähnst hier die Nainital als Variation. Kurioserweise wurde bei Gentests aber festgestellt, dass ausgerechnet die Nainital genetisch nahezu identisch mit dem Holotpyen der T. fortunei ist, also damit die "normalste" Form der Fortunei ist. Dasselbe gilt auch für die T. fortunei "Darjeeling", welche wie die "Nainital" auch aus derselben Quelle in China stammt, wie jene Palmen, die dann zur Erstbeschreibung der Art herangezogen wurden und heute noch in Kew Garden stehen. Vermutlich Robert Fortune höchstselbst, hat sie von China nach London aber auch nach Nainital (Kumaon) und nach Darjeeling verbracht.

T. takil wiederum ist keine Variation, sondern eine eigene Art. Selbiges gilt für T. princeps. Die "princeps green" wiederum ist m.E. nach nur eine Form der T. fortunei (Form = Variation)

Das "Tal" in Nainital bedeutet nicht Tal sondern "See". Die Übersetzung von Naini Tal lautet daher Augensee. Nainital ist aiuch der Name des Sees, an dem dieser Touristen und Kurort in Kumaon auf ca. 1900 m Höhe liegt.
Die T. takil stammt auch auch Kumaon, wächst aber dort nur an wenigen Standorten (z.B. in Kalamuni und dem Vernehmen nach auch auf dem Mount Thalkedar). Verschiedene Herkunftsbezeichnungen für Takil sind mir nicht bekannt, mit Ausnahme der genannten Naturstandorte. Samen sind praktisch nicht erhältlich, da die Palme in Indien unter Schutz steht.

Nur bei T. fortunei kann man den Ursprungsstandort nicht mehr feststellen, weil sie seit tausenden von Jahren mehr oder weniger als Nutzpflanze kultiviert wurde. Allerdings sollte ihr Ursprungstandort in etwas dort liegen, wo sie heute auch noch wächst: in Mittelchina um den 30° Breitengrad herum.


Grüsse,

Arnold

HAllo Stephan,

bei der von dir gezeigten Palme muss man wohl abwarten wie sie sich weiter entwickelt.
Bisher sehe ich da keine eindeutigen Hinweise, dass es sich um eine Hybride zwischen Nanus und Fortunei handeln könnte / müßte...

Nach den unzähligen schlechten Erfahrungen mit Händlerangaben in der Vergangenheit bzgl. Trachycarpusarten ist mein Vertrauen in solche Angaben eher sehr gering. Da muss man den Händler schon sehr gut kennen.

Grüße
Claus

Hallo Stephan,

sagen wir lieber einmal, dass es eine Hybride sein soll. ich kenne dutzende von gescheiterten Hybridisierungsversuchen zwischen diesen beiden Trachycarpusarten, die zudem auch zu zwei verschiedenen Gruppen innerhalb des Genus zählen. T. foruntei gehört zur nierenförmigen (reniformen) Gruppe und die Martianus zur kaffeebohnenförmigen Gruppe, wenn man sich auf die Form der Samen bezieht.
Diese beiden Gruppen konnte Chris schon in seiner ersten Analyse mit einem weniger hoch auflösenden Verfahren deutlich unterscheiden.

Die Diplomarbeit stammt von Chris, der hier im Forum ist und der damals eine Genanalyse aller Trachycarpusarten durchgeführt hat. Auf diese Analyse beziehe ich mich auch. Ihm wurden damals ANGEBLICHE T. fortunei x takil Hybriden zur Analyse übergeben, die sich dabei aber sämtlich als T. fortunei herausstellten.
Chris kann dir dazu auch direkt Auskunft geben und dir meine Darstellung bestätigen.


Grüsse,

Arnold

AC>Die Diplomarbeit stammt von Chris, der hier im Forum ist und der damals eine Genanalyse aller Trachycarpusarten durchgeführt hat. Auf diese Analyse beziehe ich mich auch. Ihm wurden damals ANGEBLICHE T. fortunei x takil Hybriden zur Analyse übergeben, die sich dabei aber sämtlich als T. fortunei herausstellten.
AC>Chris kann dir dazu auch direkt Auskunft geben und dir meine Darstellung bestätigen.

Hi Arnold,

vielen Dank, der Bereich Hybriden scheint ja sehr heikel zu sein.

Meinst du denn, dass weitere Trachycarpus-Hybriden völlig ausgeschlossen sind, oder ist eine Kreuzung nur sehr kompliziert bzw. aufwändig? Obwohl etwas weit vom Thema Nachtwachstum entfernt, interessiert es mich aber sehr.

Gruss, Stephan

Hallo Stephan,

völlig ausschließen kann man nichts, aber ich halte eine generelle Hybridisierungsfähigkeit aller Trachycarpusarten für sehr unwahrscheinlich.

Grüsse,


Arnold